Warum aus einer Mehrwegschale (noch) nicht nochmal eine Mehrwegschale werden kann

Wann sind Mehrwegprodukte eigentlich wirklich besser als Einwegprodukte? 

1. Wenn sie zirkulieren und nicht im Küchenschrank vereinsamen.
2. Wenn sie in Spülmaschinen, die mit Ökostrom betrieben werden, gereinigt werden. 
3. Und: Wenn sie am Ende ihres Lebenszyklus nicht entsorgt und verbrannt, sondern recycelt und idealerweise zu neuen Mehrwegschalen verwertet werden können.

Letzteres ist aktuell jedoch nur bedingt möglich. Warum erfährst du in diesem Insightsbeitrag. 

Wir haben bereits in unserem Insightsbeitrag Recycling in Deutschland davon erzählt, dass es für den anfallenden Kunststoffmüll in Deutschland diverse Recyclingoptionen gibt. Dabei nimmt das werkstoffliche bzw. mechanische Recycling den höchsten Stellenwert ein: Anfallender Kunststoff wird aufgeschmolzen und zu neuen Produkten verarbeitet.  

Die resultierenden Recyclingquoten bleiben allerdings weit hinter den technisch denkbaren und politisch sowie gesellschaftlich gewünschten Quoten zurück - speziell im Bereich der Lebensmittelverpackungen, in dem sehr viel Kunststoffmüll anfällt. Warum ist das so?  

 

Sortenreinheit is key! 

Sortenreinheit ist entscheidend für hochwertiges Recycling von Verpackungsmüll, da die getrennte Sammlung und Verwertung verschiedener Kunststoffe die Rezyklatqualität verbessern. Materialverbunde in Verpackungen, beispielsweise untrennbar miteinander verbundene Verpackungsschichten aus unterschiedlichen Materialien, erschweren diese Trennung. Dadurch wird mechanisches Recycling nahezu unmöglich. Die Lösung: Mehrwegverpackungen aus Monomaterialien, die vom Hersteller zurückgenommen, sortenrein vorliegen und mechanisch recycelt werden können.

Ziel eines optimal etablierten Recyclingszenarios sollte es sein, dass das entstehende Rezyklat wieder in der exakt gleichen Anwendung eingesetzt werden kann wie das Material vor dem Recycling. Die Materialeigenschaften können beim Recycling grundlegend recht gut stabil gehalten werden. Aber warum ist dann im Lebensmittelbereich eine Schale aus recyceltem Material nur selten für den selben Einsatz wie die ursprüngliche Schale geeignet?  

 

Sortenreinheit Recycling

Die Challenge: lebensmittelechtes Recycling 

Ein besonders komplexes Thema ist das lebensmittelechte Recycling. Hier müssen alle Materialkomponenten und der Recyclingprozess selbst strenge regulatorische Anforderungen erfüllen, um die Sicherheit des Produkts zu gewährleisten.  

Ansonsten kann es dazu kommen, dass 

  • das Material durch die vorherige Verwendung Fremdstoffe aufgenommen hat 
  • im Recyclingprozess selbst Verunreinigungen auftreten können (z.B. Aufnahme von Fremdstoffen, keine 100 %ige Sortenreinheit) 

Für die erneute Nutzung des Rezyklats im Lebensmittelumfeld müssen diese Verunreinigungen möglichst vermieden und v.a. im Recyclingprozess sicher entfernt werden. Das macht eine Zulassung technisch und zeitlich aufwändig. Geregelt wird eine Zulassung über eine EU-Verordnung (Nr. 2022/1616 über Materialien und Gegenstände aus recyceltem Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen). 

Es gibt bereits zwei zugelassene und etablierte Technologien, die lebensmittelechtes Recycling ermöglichen und die uns im Alltag begegnen können: 

  • das Recycling von PET-Flaschen zu neuen PET-Flaschen 
  • Recycling aus geschlossenen, überwachten Produktkreisläufen 

Durch die Überwachung der geschlossenen Produktkreisläufe muss sichergestellt werden, dass es zu keiner außerplanmäßigen Kontamination durch Fehlnutzungen kommt. Die Produkte dürfen somit nur ausschließlich innerhalb einer Firma oder eines Produktionsverbunds zirkulieren (z.B. als Lagerbehälter in der Lebensmittelindustrie), dürfen aber die Firma nicht verlassen. Für Mehrwegverpackungen eignet sich diese Technologie somit nicht, da Endverbrauchende die Behälter mit nach Hause nehmen und eine dauerhafte Überwachung der Behälter somit nicht möglich ist – Fehlnutzungen können nicht ausgeschlossen werden. 

 

Next stop: lebensmittelechtes Recycling 

Unser Ziel ist es, geschlossene Kreisläufe zu schaffen. Deswegen forschen wir zusammen mit u.a. dem Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe (IfBB) an der Hochschule Hannover an einem „Bowl2Bowl“-Recycling. Bei diesem Projekt wollen wir die Rahmenbedingungen für ein lebensmittelechtes Recycling definieren und die Grundlagen für eine Verfahrenszulassung schaffen. Langfristiges Ziel ist die Etablierung eines echten Bowl2Bowl-Recyclings, das eine geschlossene Kreislaufwirtschaft für Lebensmittelverpackungen ermöglicht.
 

Recyclingkreislauf


Das bedeutet aktuell...
 

Sind Mehrwegverpackungen nun recyclingfähig oder nicht? 

Technisch: Ja, sofern ein Monomaterial eingesetzt wird und eine sortenreine Rücknahme durch die Produzenten erfolgt.

Regulatorisch: Falls Mehrwegverpackungen recyclet werden, darf das Rezyklat derzeit nicht erneut im Lebensmittelbereich eingesetzt werden. Falls das Ziel also ein Recycling zurück ins gleiche Produkt ist, lautet die Antwort hier aktuell noch: Nein. 

Es ist wichtig, realistisch über die Möglichkeiten und Grenzen des Recyclings zu sprechen. Zwar sind viele Produkte technisch recyclingfähig, jedoch sind insbesondere im Bereich des lebensmittelechten Recyclings regulatorische Hürden zu beachten.  

  

Aber: Getting there! 

Trotz der aktuellen Herausforderungen besteht die Chance, dass lebensmittelechtes Recycling Realität wird. Durch Forschung, Entwicklung und eine konsequente Umsetzung von nachhaltigen Recyclinglösungen können wir einen wichtigen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft, zum Schutz unserer Umwelt und zur Sicherstellung einer nachhaltigen Zukunft leisten. 

Wir arbeiten mit Hochtouren am Bowl2Bowl-Recycling und berichten natürlich, sobald es Neuigkeiten gibt!

 

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